Vor Kurzem begann bei uns wieder der normale Schulbetrieb. Frau Buff war entsprechend aufgeregt und spielte Abend für Abend verschiedene Szenarien durch, was alles Bedrohliches passieren könnte: sie würde nicht abgeholt werden, alle Diktate würden schief gehen, die übelgelaunte Küchendame würde sie anmaulen und so weiter.
Tapfer ging sie dann los und überlebte die ersten Tage ganz gut. Sie freute sich übers Spielen in der Schülerbetreuung und dass die befürchteten Katastrophen ausblieben. Wir Alten entspannten uns und fanden es super, dass alle langsam wieder ihren Kram bekommen.
Und dann ging es los – und kam aus einer anderen Ecke als gedacht. Von ihren Freundinnen hörte Frau Buff plötzlich, man wolle mal ohne sie spielen. Sie könne sich ja andere suchen. Sie lief dann ziellos über den Schulhof und brachte ihr Frühstück ungegessen wieder mit, weil ihr der Appetit vergangen war.
Ich schlug verschiedene Maßnahmen vor. Eine davon: mal mit einem Jungen zu spielen, manche möge sie doch gerne. Und erfuhr, dass Jungs offenbar ihre eigenen Probleme haben. Sie rotten sich nämlich ausnahmslos in einer großen Gruppe, schreien etwas Unverständliches und rennen weg. Die ganze Pause, jeden Tag. „Das ist mir echt zu blöd, Mama“, sagt Frau Buff.
Insgesamt also eine schwierige Lage. Dann wieder fand Frau Buff zwei andere Mädchen nett. Ob sie sich denen nicht anschließen könne, fragte ich. „Kannst sie ja auch mal einladen.“ „Naja“, antwortet sie. „Das ginge schon. Aber die haben gerade eine dritte Freundin ausgeschlossen. Da möchte ich nicht, dass sie das mit mir auch so machen.“ Ja, denke ich, guter Punkt.
Aus der Schülerbetreuung heißt es, der Ton untereinander sei sehr rau geworden, auch Spielzeug sei kaputt gegangen. Man plane eine Konferenz. Auf dem Schulweg trifft Frau Buff immer die Tochter von Freunden, mit der sie nachmittags manchmal spielt. Sie ist eine Klasse höher. Und weil das so ist, tut sie in der Öffentlichkeit so, als würde sie Frau Buff nicht kennen.
Ich erinnere mich an letzten Sommer, als die Klassen sich in der Schule mischen durften. Welche Sprünge Frau Buff da gemacht hat. Was sie sich getraut und plötzlich unternommen hat. Davon ist nichts mehr übrig. Jetzt bleibt sie lieber bei dem, was sie kennt, statt sich die Welt zu erobern. Wenn sie mal wieder heimkommt und nicht mitspielen durfte, wird mein Herz schwer. So sehr, dass ich jemanden anschreien möchte. „Du kannst die Hörner wieder einfahren, Mama“, sagt Frau Buff dann. „Wir haben uns vertragen.“ Ja, denke ich, bis zum nächsten Mal. Sage aber nichts. Und ich frage mich, wie das alles werden soll, mit den Freundschaften und dem Großwerden und alldem, was eigentlich so ansteht. Mitten in der endlosen Corona-Pandemie.