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Von entschlackten Häusern und leeren Kellern

Von Irina

Neulich habe ich beschlossen, unseren Keller auszumisten. Besser gesagt einen Kellerraum, in den wir alles stellen, was nirgendwo sonst Platz hat. Das restliche Haus hatte ich ganz gut im Griff, nachdem ich irgendwann angefangen hatte, weniger Sachen zu wollen und auszusortieren. Das hatte ich mir für den letzten, schlimmen Raum auch vorgenommen. Ich wusste, es würde nicht einfach werden und deshalb hatte ich es Jahre vor mir  hergeschoben. Aber wie mühsam und zeitaufwändig es sein würde, wurdemir erst im Lauf der folgenden Wochen klar. Der Wertstoffhof wurde mein bester Freund, der Baumarkt mein zweitbester. Im Nebenraum habe ich große Berge gebildet und Sperrmüll angemeldet. Von der Brotmaschine der Oma über alte Pfannen bis hin zur ersten Tastatur war alles dabei. Sogar die eklige Ecke mit dem alten Kartoffelgestell habe ich saubergemacht.  

Nachdem all das abtransportiert war und ich den Keller gereinigt hatte, kam es mir vor, als hätten wir einen Raum dazubekommen. Ich habe Regale aufgebaut und die Reste ordentlich sortiert. Aufräumen hat auch immer was von sich selbst ordnen, finde ich. Aber was ich dabei herausfand, hat mich schockiert. Wo kam das das ganze Zeug her? Wie konnten wir so viel haben? Ich kaufe ja nicht zweimal im Jahr eine neue Kleiderkollektion oder so. Eigentlich dachte ich, dass wir bedacht konsumierten, zumindest diemeiste Zeit. Aber das war wohl Augenwischerei. Klar war viel von der Familiegeerbt und manches schon seit Jahrzehnten bei uns. Aber wir haben doch auch aussortiert, mindestens bei jedem Umzug. Und trotzdem habe ich Sachen gefunden, die ich seit zwanzig Jahren hatte, aber nicht benutzte. Und vieles haben wir leider bestellt. Die Kartons der Elektrosachen standen im Keller, falls mal was kaputt ging. Ich habe sie klein gemacht, mit dem Cutter. Und zum Wertstoffhof gefahren. Es war nämlich viel zu viel für den Papiermüll.

Das Ganze beschäftigt mich nachhaltig, weil ich jetzt weiß, warum die Welt im Arsch ist. Wenn man das hochrechnet, kann man sich vorstellen, wie es ums Klima bestellt ist. Und leider musste ich feststellen, dass ich das nicht im Griff habe. Ich habe tatsächlich den Impuls, weiter einzukaufen. Obwohl ich nichts brauche. Der wird stärker, je weniger Zeit ich habe. Weil ich mich dann nicht um echte Bedürfnisse kümmern und runterkommen kann. Ich brauche dann was und überdecke das mit Konsum. Wenn es wieder soweit ist, denke ich an die Wochen, in denen ich schwere Sachen geschleppt und geflucht habe. Das hilft ein bisschen. Aber das Bedürfnis nach etwas bleibt und ich habe noch nicht rausgefunden, was ich damit machen kann. Wenn ich es weiß, sage ich euch Bescheid.