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Warten auf den Sonnenschein

Von Irina

Frau Buff hat sich ohne Schule ganz gut eingerichtet. Dieses Jahr hatte sie ganze vier Wochen Wechselunterricht, die restliche Zeit war die Schule geschlossen. Das sind immerhin vier Wochen mehr als all die Kinder, die seit Dezember zu Hause hocken.  Wir anderen haben uns auch an all das gewöhnt, was seit Monaten zu Hause stattfindet. So richtig gut eingerichtet wie Frau Buff sind wir Alten damit aber nicht. Im letzten Vierteljahr haben wir, wie der Rest der Republik auch, ganz schön Federn gelassen.

Während wir im Winter auf den Frühling gewartet haben und im Frühling auf Sonnenschein hoffen, wurde gebacken, Netflix leergeschaut, unternommen, was alleine unternommen werden durfte, und so weiter. Dann kam die dritte Welle. Und mit ihr ging meine Moral ein bisschen den Bach runter. Nach langen Monaten des Wartens und des Schneeregens, der auch im Mai anhielt, wollte ich nicht mehr. Wie musste es all den anderen erst gehen? Denen mit den echten Problemen.

Frau Buff war unglücklich über die Schulsituation, denn das Geöffne und Geschließe zieht nach sich, dass man jedes Mal Angst haben muss, wenn es wieder losgeht. Dann liegt sie wach, macht sich Sorgen, ob sie alles kann, wie sie in den Tests abschneidet, die im Tagesrhythmus geschrieben werden, und was ist, wenn die Freundin mal nicht da ist.  

Nach sechs weiteren Wochen würde sie gerne nie mehr gehen. Die regelmäßigen Besuche bei der Oma bereitet sie detailliert vor und freut sich wie verrückt darauf. Das doofe Schulpensum wird irgendwie auf einer Arschbacke abgerockt und man kann jetzt Briefe schreiben. Briefe an alle Familienmitglieder bedeuten Antworten von allen Familienmitgliedern – und wenn man Glück hat, steckt auch was Süßes mit im Umschlag. Mit ihrem Papa zockt sie jetzt für mich unverständliche Spiele auf dem Pad und wir haben seit November so viel im Fernsehen geschaut, dass ich gar nicht genauer drüber nachdenken möchte. 

 Ich für meinen Teil träume von offenen Biergärten, lauschigen Sommerabenden und vielem mehr. Aber ich kann noch ein wenig warten. Denn ich habe angefangen, den Keller zu entrümpeln. Vielleicht, so die Hoffnung, hat man sein Leben besser im Griff, wenn man den Überblick über seinen Scheiß hat. Wenn man weiß, was in welcher Kiste ist, und das kleine Haus ganz marie-kondo-mäßig atmen kann. Das predige ich meiner Familie, die ihre Kartons und ihr Zeug gerne genauso behalten hätten, wie es war – unbehelligt. Zwischendurch schaue ich ein bisschen Netflix, esse ein Stück Kuchen und unterstütze beim Homeschooling, bevor ich ein weiteres Mal zum Wertstoffhof fahre. Und irgendwann wird der Sommer da sein. Es kann nicht mehr lange dauern.