"Immer muss ich alles sollen, lasst mich doch auch mal etwas wollen" singt unsere Toniebox. Und vom Sollen verstehen wir derzeit eine ganze Menge. Da soll aussortiert werden, weggeschmissen, ausrangiert, durchgeschaut: weniger ist nicht mehr, sondern tatsächlich weniger, wenn man in Umzugsdimensionen denkt. Es soll sich verabschiedet werden, dabei aber bitte nicht unglücklich sein. Ist doch super! Abenteuer, Aufregung, Juchuuuu! Macht doch nichts, dass wir unser Zuhause verscheuern und am anderen Ende noch nicht mal was gemietet haben. Sicherheit ist was für Kleingeister oder Leute mit Kindern. Ach so, ja, da war doch was. Ihr solltet doch die Spielecke aufräumen; ihr solltet doch mal schauen, was ihr nicht mehr braucht; ihr solltet euch doch schonmal duschen/anziehen/den Popo abwischen/beeilen/gedulden. Hier wird gesollt, dass es nur so kracht. Die Kindern sind erstaunlich gefasst ob der Tatsache, dass auf ihrer Haben-Seite vor allem Sollen steht - und auf der Soll-Seite dann eben leider auch. Sag doch mal dem Stinki, dass der aus meinem Popo kommen soll, sagt Elly. Der klemmt da so drin und du kannst dem Stinki so schön Angst machen. They call me the Queen of Soll.
"Von hier oben sieht das alles anders aus" ruft mir die Toniebox nach, während ich meine Kinder auf ihre Wege schicken. Während ich unser aller Leben ausmiste, einpacke, umpacke, suche, fluche, nichts finde und irgendwann aufgebe, den Überblick behalten zu wollen, schaue ich von oben auf die Köpfe meiner Kinder. Den großen Beanie-Kopf mit den langen Haaren, Dark Vaders zarten, hellen Feen-Flaum, Elly's wilde Mähne und die Haare vom Baby, die immer willkürlich irgendwo abstehen. Komisch, denke ich, ich sehe so viel von den Köpfen meiner Kinder, aber reinschauen kann ich nicht. In diesen Tage wird oft gestritten und geweint, manchmal sind alle grob zueinander, aber als sich Beanie schlimm am Knie verletzt, wächst Dark Vader aus dem Boden. Sie hält die Hand ihres weinenden großen Bruders. Ich mag dich so, sagt sie, ich hau kaputt, was dir wehtut. Sie zückt ihr Laserschwert und ist bereit zur finalen Schlacht. Von hier oben sieht das alles nach Umzug aus. Und von da unten, da, wo der Überblick naturgemäß schwierig ist? Von da sieht es vielleicht so aus, als würde das eigene Leben zerlegt.
"Meine Freunde sind die besten Wölfe dieser Welt - jeder für sich ein kleiner Held" - das Baby und ich tanzen kurz vor dem Schlafengehen. Es ist schon wie ein Wickelwürstchen in den dicken Schlafsack gerollte und sitzt ganz still auf meinem Arm. Meine Tränen tropfen ihr versehentlich ins Ohr und ihr kleiner dicker Finger fühlt nach, was da so ungemütlich feucht ist. Ich weiß nicht, ob das alles gut wird, erzähle ich leise. Aber ich gäbe alles dafür. Schöne Mama, sagt Beanie von der Zimmertür aus und da stehen auf einmal meine anderen drei Kinder. In Australien gibt es die meisten tödlichen Tiere auf der ganzen Welt, erklärt er seinen Geschwistern. Toll, sagt Elly, so was wie Peppa Pig? Nee, du Doofie, sagt Dark Vader, so was wie Hasi. Hasi hat eine geheime Super-Power! Zeig mal, Hasi! Aber Hasi hat sich entschlossen, sein Mint Humbug dann doch zu essen und hat gerade erstens den Mund voll und zweitens keine Lust. Ich höre drei Fußpaare weggehen und Beanie doziert von box jellyfish, von bull sharks und den funnel web spiders. Als ich später noch vorlesen will, sind alle eingeschlafen.